„Neues Ausmaß an Dreistigkeit“: Vonovia trickst beim neuen Berliner Mietspiegel
Juli 15, 2024

Seit Mai 2024 gibt es in Berlin einen neuen Mietspiegel. Deutsche Wohnen und Vonovia haben seitdem zehntausende Mieterhöhungen verschickt. Das „Berliner Bündnis gegen Vonovia und Co“ kritisiert, dass viele dieser Mieterhöhungen gegen den neuen Mietspiegel verstoßen.

Aus Lichtenberg, Schöneberg, Mariendorf, Wedding und Baumschulenweg sind dem Bündnis Fälle bekannt, in denen der Immobilienkonzern wohnwertsteigernde Merkmale wie etwa eine „gute ÖPNV-Anbindung“ erfunden hat, die gar nicht im Mietspiegel aufgeführt sind, um Mieterhöhungen zu rechtfertigen. Zudem hat der Konzern vielfach falsche Angaben zu wohnwertsteigernden Merkmalen gemacht oder wohnwertmindernde Merkmale unter den Tisch fallen lassen.

„Wenn es darum geht, die Mieten zu erhöhen, kennt die Kreativität der Deutsche Wohnen keine Grenzen“, kritisiert Leander Stein vom Berliner Bündnis gegen Vonovia und Co., der selbst von einer Mieterhöhung betroffen ist. „Dieses Verhalten grenzt an Betrug und ist eine neue Stufe der Dreistigkeit gegenüber uns Mietern.“ Auch der Berliner Mieterverein kritisiert diese Praxis aufs Schärfste.

Fantasiemerkmale und weitere Tricksereien

Das Bündnis hat zahlreiche Fälle aus ganz Berlin gesammelt, in denen Deutsche Wohnen und Vonovia gegen den Mietspiegel verstoßen:

  • In vielen Fällen wurden wohnwertsteigernde Merkmale wie etwa eine „gute ÖPNV-Anbindung“, eine „gute Nahversorgung“ oder ein „Energiekennwert kleiner als 144 kWh/(m²a)“ erfunden, die gar nicht im Mietspiegel aufgeführt sind, um eine höhere Spanneneinordnung zu rechtfertigen.
  • In weiteren Fällen wurden falsche Formulierungen verwendet, um die Mieter:innen zu täuschen. So wurden etwa Dielen oder Fliesen als „hochwertiger Boden“ gewertet, obwohl kein solcher vorhanden ist.
  • In zahlreichen Fällen werden vorhandene, wohnwertmindernde Merkmale (z.B. eine lärmbelastete Lage) nicht erwähnt, die zu einer niedrigeren Spanneneinordnung führen würden.

„Es ist ein Skandal, dass Vermieter keine Sanktionen fürchten müssen, wenn sie bei Mieterhöhungen falsche Angaben machen. Dadurch wird ein falscher Anreiz geschaffen, uns Mieter zu täuschen“, so Leander Stein. Das Bündnis kritisiert, dass durch die aktuelle Rechtslage den Mieter*innen die zeitaufwändige Arbeit aufgebürdet werde, dem Vermieter Fehler nachzuweisen. Viele Mieter*innen würden aus Unkenntnis oder Angst vor ihrem Vermieter den Mieterhöhungen zustimmen – die dann wiederum in den nächsten Mietspiegel einfließen und zu steigenden Mieten für alle führen würden.

Vonovia bricht mit dem „Bündnis für bezahlbares Wohnen“

Nachdem im Sommer 2023 bereits Adler aus dem sogenannten „Bündnis für bezahlbares Wohnen“, welches als Gegenoffensive zur Vergesellschaftung gegründet wurde, ausgetreten war, um die Mieten stärker zu erhöhen, bricht mit Vonovia nun auch der letzte verbliebene Immobilienkonzern seine freiwillige Selbstverpflichtung, die Mieten um maximal 11 Prozent statt 15 Prozent in drei Jahren zu erhöhen.

„Wenn der demokratische Wille der Berliner endlich umgesetzt und Vonovia enteignet würde, hätten wir dieses Problem mit den Mieterhöhungen nicht“, so Ruth Carcassonne von der Mieterinitiative Mariendorf-Ost (MIMO).

Protest gegen Heizkosten-Abzocke der Vonovia im Januar 2024.

Gemeinsam gegen Miethaie

Das „Berliner Bündnis gegen Vonovia & Co.“ ist eine stadtweite Vernetzung von Miet-Initiativen, die sich gegen den Immobilienkonzern wehren. Die Initiativen tauschen sich über Probleme mit ihren Vermietern aus, unterstützen sich gegenseitig und treten gemeinsam in Aktion.

Entstanden ist das Bündnis im Winter 2023/24 aus Protest gegen explodierende Heizkosten. Die Initiativen organisierten dagegen u.a. eine Kundgebung am Tempelhofer Damm, die für ein großes Medienecho sorgte und das Thema einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Außerdem mobilisierte das Bündnis für die Mietendemo im Juni 2024 und war auch bei den Aktionärsversammlungen von Deutsche Wohnen und Vonovia in Bochum vertreten – dort mit Unterstützung des bundesweiten VoNO!via-Bündnis.

Du hast selbst eine Mieterhöhung erhalten und fragst dich, wie du diese überprüfen kannst? Hier findest du die Handreichung „Was tun bei einer Mieterhöhung nach dem Mietspiegel 2024?“ von Kiezprojekt und Berliner Mieterverein.