Protest gegen Adler: Über 1.000 Mieter*innen der Weißen Siedlung unterzeichnen Brandbrief
Apr. 21, 2024

Egal ob defekte Fahrstühle, Schimmelbefall, undichte Fenster, Müll und Ratten oder kaputte Heizungen: Die Liste der untragbaren Zustände in der Weißen Siedlung in Neukölln ist lang. Der Vermieter, die Adler Group, lässt die Mieter*innen seit Jahren systematisch im Stich. Aktuell warten zum Beispiel die Bewohner*innen der Aronsstr. 128 seit mehreren Monaten auf Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen eines Brandes.

Aus Protest gegen die Vernachlässigung der Wohnsiedlung hat sich im Sommer 2023 mit Unterstützung des Kiezprojekts die „Kiez-Initiative Weiße Siedlung“ gegründet. Die Aktiven der Initiative haben einen „Brandbrief“ an Adler geschrieben, in dem sie die zahlreichen Mängel in ihren Häusern und Wohnungen aufgelistet haben. Die Initiative fordert die Adler Group auf, umgehend ihren gesetzlichen Instandhaltungspflicht nachzukommen. Zudem fordert sie einen direkten Dialog zwischen Vermieter und Miet-Initiative, moderiert durch den Berliner Mieterverein. Über 1.000 Nachbar*innen, und damit mehr als die Hälfte der über 1.700 Wohneinheiten in der Siedlung, haben den Brandbrief unterschrieben.

Am 20. April 2024 veranstaltete die Kiez-Initiative Weißen Siedlung eine Protestkundgebung, um auf die vielfältigen Probleme in der Siedlung aufmerksam zu machen und den Brandbrief und die Unterschriften an Adler zu übergeben. Trotz Regen versammelten sich rund 150 Mieter*innen an der „Sonnenuhr“, dem Wahrzeichen im Herzen der Siedlung. Der Wohnungskonzern hingegen schlug die Einladung zur Kundgebung aus und weigerte sich, den Brief entgegenzunehmen.

 

Im Rahmen der Kundgebung berichteten verschiedene Mieter:innen eindrücklich von ihren Problemen mit Adler: Eine Mieterin aus der Aronsstr. 128 berichtete, wie Adler die Mieter*innen nach einem Brand und der anschließenden Evakuierung des Hauses im Stich ließ. Auch in weiteren Häusern in der Siedlung wie der Aronsstr. 73 und der Aronsstr. 59 sind Brandfolgen durch Adler auch nach Monaten bzw. sogar Jahren nicht beseitigt worden. Andere beklagten die fehlende Erreichbarkeit der Hausverwaltung: „Wenn Mieter*innen anrufen, landen sie auf einer Hotline. Doch dann gibt es auf ihre Beschwerden keinen Rückruf.“ Ein Mieter aus der Sonnenallee 281 berichtete zudem von seinen jahrelangen, gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Vermieter: Aufgrund zahlreicher Mängel, die durch Adler nicht beseitigt wurden, hatte der Mieter die Miete gemindert. Obwohl das Amtsgericht Neukölln ihm recht gab, kündigte Adler ihm wegen angeblicher Mietschulden. Mit anwaltlicher Hilfe wehrte er sich jedoch erfolgreich gegen die Kündigung – und ermutigt nun die anderen Mieter*innen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Auch die Redebeiträge von anderen Miet-Initiativen gegen Adler aus Spandau und dem Westend erhielten bei der Kundgebung großen Applaus.

Die Kiez-Initiative Weiße Siedlung gab sich nach der Kundgebung kämpferisch: „Der Brandbrief war für uns erst der erste Schritt“, so eine Sprecherin der Initiative. „Wir haben anfangen, uns zu organisieren, und wehren uns in Zukunft nicht mehr alleine, sondern gemeinsam gegen unseren Vermieter. Zusammen werden wir unsere Rechte durchsetzen und dafür sorgen, dass sich die Zustände in der Siedlung endlich verbessern.“

Die Mehrheit der Haushalte in der Weißen Siedlung unterzeichnete den Brandbrief an Adler

Update im Herbst 2024:

Nachdem der Brandbrief an Adler per Gerichtsvollzieher zugestellt wurde, hat der Immobilienkonzern im Juli 2024 endlich reagiert. In seiner Antwort an die Kiez-Initiative schreibt Adler u.a.: „Wir verstehen den Unmut der Anwohner der Siedlung und versuchen durch unterschiedliche Maßnahmen, eine Verbesserung zu schaffen.“ Zu den angekündigten Maßnahmen gehören u.a. eine Verbesserung der Müllsituation, Maßnahmen gegen illegales Parken sowie die Erneuerung von zwei Fahrstühlen.

In ihrer Reaktion auf das Antwortschreiben von Adler schreibt die Kiez-Initiative Weiße Siedlung im Oktober 2024: Die Initiative erkenne an, dass Adler in der Zwischenzeit kleinere Verbesserung umgesetzt habe, wie z.B. eine bessere Erreichbarkeit des Sicherheitsdienstes, die Reparatur der Spielplätze und eine bessere Reinigung und Pflege der Grünflächen in Teilen der Siedlung. Viele angekündigte Maßnahmen habe Adler jedoch nicht umgesetzt. So gebe es nach wie vor ein massives Rattenproblem in der Siedlung, viele individuelle Mängel in den Wohnungen würden trotz wiederholter Meldung nicht beseitigt, und zahlreiche Aufzüge seien ständig defekt und müssten erneuert werden. Die Initiative fordert von Adler erneut ein persönliches Gespräch und eine zeitnahe und zuverlässige Kommunikation.

Auf das Antwortschreiben der Initiative hat es bisher keine Reaktion von Adler gegeben. Die Initiative hat deshalb angekündigt: „Wir werden unsere Rechte als Mieter*innen ab jetzt verstärkt mit koordinierten Aktionen gemeinsam durchsetzen und die Beseitigung von Mängeln gerichtlich einklagen oder Mietminderungen geltend machen.“