„Wir bleiben in Pankow“: Neue Initiative gegen Verdrängung gegründet
Mieter:innen protestieren vor der BVV Pankow
Juli 13, 2023

Am 12. Juli hat die Initiative „Pankow gegen Verdrängung“ vor der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Pankow gegen den Wegfall tausender Sozialbindungen im Bezirk protestiert. Den betroffenen Mieter*innen drohen heftige Mieterhöhungen von bis zu 50 Prozent und in vielen Fällen auch Kündigungen wegen Eigenbedarfs. Sie fordern von den politischen Verantwortlichen einen Krisengipfel und Sofortmaßnahmen zum Schutz gegen Verdrängung.

„In Pankow explodiert gerade eine soziale Zeitbombe“, so Hannah Rose von der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“. „Mit dem Auslaufen tausender Sozialbindungen droht der letzte bezahlbare Wohnraum im Bezirk wegzufallen. Viele alteingesessene Mieter*innen, die seit Jahrzehnten hier im Kiez leben, sind nun akut von Verdrängung bedroht.“

Die betroffenen Wohnungen liegen in den ehemaligen Sanierungsgebieten im Helmholtzkiez, Teutoburger Kiez, Kollwitzkiez, Wins- und Bötzowviertel und Florakiez. Dort wurden im Rahmen des Programms „Soziale Stadterneuerung“ seit dem Jahr 1993 rund 7.000 Wohnungen mit öffentlichen Fördermitteln saniert. Im Gegenzug mussten die Eigentümer für 20 bis 30 Jahre Verpflichtungen zum Schutz der Mieter*innen eingehen. Mit dem Auslaufen dieser sogenannten Sozialbindung drohen den Mieter*innen nun enorme Mieterhöhungen (in einigen Fällen bis zu 50 Prozent). Zudem befürchten viele Mieter*innen akut Kündigungen wegen Eigenbedarfs – denn viele Häuser wurden bereits in Eigentumswohnungen aufgeteilt, und der Kündigungsschutz endet mit dem Auslaufen der Sozialbindungen.

Doch die Mieter*innen beginnen, sich zu wehren: In den letzten Wochen haben sie im Stadtkloster Segen bzw. in der Zionskirche zwei gut besuchte Versammlungen mit über 150 Teilnehmenden veranstaltet, Forderungen aufgestellt und sich als Initiative „Pankow gegen Verdrängung“ konstituiert. Unterstützung erhalten sie dabei von lokalen Miet-Initiativen wie dem Kieztreffen Pankow, dem Kiezteam Pankow von Deutsche Wohnen & Co enteignen und „Kiezkultur erhalten“ sowie durch das Kiezprojekt. Bei einem „Organizing-Flash“ wurden an einem Wochenende im Mai Haustürgespräche in Dutzenden betroffenen Häusern geführt und die Mieter*innen persönlich zur ersten Versammlung eingeladen.

Gruppenfoto "Pankow gegen Verdrängung"

Gruppenfoto von „Pankow gegen Verdrängung“ nach der zweiten Mieter*innenversammlung im Juli 2023.

Gemeinsam gegen die nächste Verdrängungswelle

„Wir werden uns der nächsten Welle der Gentrifizierung mit aller Kraft entgegenstellen“, so Carl Zimmering von der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“. „Wir kämpfen dafür, dass die soziale Mischung in unserem Kiez erhalten wird und alle bleiben können.“

Bei der BVV sorgte die Kundgebung mit über 100 Mieter*innen am Mittwoch für Aufsehen. Von den politischen Verantwortlichen im Bezirk und auch auf Landesebene fordert die Initiative einen Krisengipfel, um gemeinsam mit den betroffenen Mieter*innen Lösungen für das Problem der auslaufenden Sozialbindungen zu finden. Zudem fordert sie eine Kommunalisierung der Häuser und Sofortmaßnahmen wie etwa einen Härtefallfonds für Mieter*innen, die sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten können.

„Vermieter haben nach der Wende großzügige Fördergelder kassiert, und können jetzt auch noch Profite mit steigenden Mieten und dem Verkauf der Wohnungen machen, während die Mieter*innen im Regen stehen und bezahlbarer Wohnraum verloren geht – dieser Skandal muss endlich ein Ende haben“, kritisiert Hannah Rose von „Pankow gegen Verdrängung“.